Augsburger Allgemeine - Politik - 27. Februar 2009

Europa in schlechtem Licht

Leuchtmittel Energiesparlampen geraten in die Kritik, weil sie Quecksilber enthalten. Fachleute raten: Die EU sollte besser auf die neuen LED-Leuchten warten

Von Detlef Drewes

Brüssel In Brüssel ist man überrascht. Nach dem Aus für die Glühbirne hatten wohl alle mit einer Art ökologischem Aufbruch der Bürger gerechnet. Doch das Gegenteil ist der Fall. Bei Kommission und Abgeordneten gehen täglich Beschwerden von Bürgern ein, Geschäfte berichten von regelrechten Hamsterkäufen, bevor am 1. September als Erstes die 100-Watt-Birne aus den Regalen genommen werden muss.

Inzwischen mehren sich auch die Stimmen der Fachleute, die sagen: "Jetzt wird eine veraltete Technologie durch eine in wenigen Jahren als veraltet geltende Technik ersetzt." War das Aus für die Glühlampe ein Fehler? "Es passiert leider, dass man Vorschlägen zustimmt, ohne sich überhaupt der Tragweite bewusst zu sein", sagte der CDU-Europa-Politiker Peter Liese mit Blick auf das Ja seiner Kollegen zum Glühbirnen-Verbot.

Energiesparlampen, die Brüssel gerne als Lichtquelle der Zukunft preist, sind zwar auf Dauer billiger als herkömmliche Glaskolben, gelten aber wegen ihres Quecksilber-Gehaltes als zumindest riskant - nach einer zerbrochenen Röhre sollte das betreffende Zimmer unbedingt sofort gelüftet werden, lauten die Empfehlungen. "Die Zukunft gehört aber den LED-Lampen", prophezeit Deutschlands führender Wissenschaftler, Tran Quoc Khanh, Professor für Lichttechnik an der Technischen Universität Darmstadt. Dort werden die neuartigen Leuchten zunächst für den Ersatz der bisherigen Strassenlampen getestet - mit überragenden Erfolgen. Während bisherige (Quecksilberdampf-)Laternen 89 Watt Strom verbrauchen, schlucken die neuen Hochdruck-Natriumdampf-Leuchten, die jetzt von vielen Kommunen montiert werden, noch 60 Watt, Hochleistungs-LED dagegen nur 29 Watt. Außerdem halten die neuartigen Leuchtdioden-Lampen bis zu vier Mal länger, sparen nicht nur 30, sondern 70 Prozent CO2-Emissionen ein und liefern noch dazu ein Licht, das nahezu ohne Streuverluste auskommt und sogar nachtaktive Insekten schont. Khanh: "Bis 2012 wird unsere Forschung so weit fortgeschritten sein, dass die LED-Leuchten die energetisch, licht- und umwelttechnisch sinnvollste Lösung darstellen."

Da die EU allerdings das Datum für den vollständigen Austausch auf 2012 angesetzt hat, werden nun wohl erst einmal die weit weniger wirksamen Leuchtkörper montiert, um dann noch einmal ersetzt zu werden. Denn die Beleuchtung der Straßen, Parks und Plätze reißt den Kommunen gewaltige Löcher ins Stadtsäckel: Rund 760 Millionen Euro bezahlen deutsche Städte und Gemeinden allein für den Strom. Wartung und Instandhaltung der Laternen gehen in die Milliarden.

Auch in den Privatwohnungen wird die neue Lampen-Technik für eine Lichtrevolution sorgen. In etwa zwei Jahren werde der Preis der neuen Leuchten so gefallen sein, dass sie konkurrenzfähig sind, heißt es bei den Herstellern. 100 000 Stunden sollen die LEDs dann halten.

Bei der "Stiftung Warentest" fielen die ersten Produkte für den Hausgebrauch erst einmal durch: zu wenig hell, zu diffuses Licht, keine warmweiße Farbe. Doch die Tester sind sich mit den Forschern einig: In wenigen Jahren werden die neuen Leuchtdioden allen Anforderungen an eine wohnliche Beleuchtung genügen und erschwinglich sein. Doch dann wurde Europa erst schon auf Energiesparlampen umgestellt - vorausgesetzt, der heute angelegte Vorrat an Glühbirnen hat nicht doch bis dahin gehalten.

Die Lampe der Zukunft

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